KI hilft bei der Parkplatzsuche
Wer sein Auto nicht in einer Garage abstellen kann, kennt das Problem: Jeden Tag verbringt man Zeit mit der Suche nach einem Parkplatz. Ein Forschungsteam der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW hat nun ein fahrendes Sensorsystem entwickelt, das dabei helfen kann.
In vielen Städten ist die Parkplatzsituation angespannt und keine Besserung in Sicht. Dennoch werden Parkplätze abgebaut, was bei Gewerbetreibenden und Anwohner*innen für Unmut sorgt – so auch in Basel. Aber welche Parkplätze braucht es tatsächlich? Diese Frage untersuchen Stephan Nebiker und sein Team vom Institut Geomatik an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW mit einem mobilen Erfassungssystem. Es besteht aus zwei 3D-Kameras und weiteren Sensoren, die in einer Box auf einem Messfahrzeug montiert sind. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Mobilität des Kantons Basel-Stadt erfasst und kartiert es, welche Parkplätze in einem Quartier belegt sind.
Kostengünstige Lösung für die Praxis
«Für solche Kartierungen fuhren früher oft Ingenieurfirmen mit Videokameras durch die Strassen. Im Anschluss zählte eine Person am Bildschirm die belegten und die freien Parkplätze und machte eine Strichliste», erklärt Nebiker. In seinem Forschungsprojekt übernimmt eine Künstliche Intelligenz (KI) die Analyse und das Auszählen der aufgenommenen 3D-Bilder. Sie erkennt die parkierten Autos am Strassenrand und legt virtuell eine Box mit Sicherheitsabständen darum. So kann die KI abschätzen, ob und wie viele Parkplätze noch frei sind. Doch das braucht Training: Die KI muss lernen, welche Merkmale ein Auto ausmachen. Sie muss die Autos auch dann erkennen, wenn sie teilweise durch andere Fahrzeuge oder Bäume verdeckt sind, weil der Parkplatz nicht parallel zur Strasse liegt, sondern quer oder schräg dazu. Noch dazu soll sie auch unter schlechten Sichtverhältnissen funktionieren, wie zum Beispiel in der Dämmerung. «Bisher sind wir mit unserer KI-Anwendung zufrieden, denn sie erkennt so gut wie jedes Auto», freut sich Nebiker.
Damit das bildbasierte Parkplatzmonitoring (BiPaMo) praxistauglich ist, müssen die 3D-Kameras und Sensoren preisgünstig sein. «Wir wollen vermeiden, dass eigens Fahrzeuge mit Kartierungskameras herumfahren müssen», sagt Nebiker. Sein Ziel ist, dass das System zum Beispiel auf dem Postboten-Dreirad oder auf Kurierfahrzeugen mitfahren kann und die Parkplatzsituation ganz nebenbei erfasst. «Wir verwenden Kameras, die kleiner sind als das professionelle System, mit dem wir sonst arbeiten, und nur noch etwa ein Zehntel kosten.» Durch diese kostengünstigen Kamerasysteme nimmt die Qualität der 3D-Bilder zwar ab, doch kommt die KI auch damit gut zurecht.
Grosse Datenmengen als Herausforderung
Die erfassten Daten liefern den Forschenden bereits erste Informationen, um welche Tageszeit und an welchen Orten es üblicherweise freie Parkplätze gibt. Eine Live-Kartierung der aktuellen Parkplatzsituation ist jedoch mit dem bisherigen Verfahren nicht möglich. «Die Datenmengen der aufgenommenen Bilder sind so gross, dass man sie nicht live verschicken kann, sondern auf dem fahrenden Gerät speichern muss», erklärt Nebiker. «Hinzu kommt, dass die Bilder für den Datenschutz anonymisiert werden müssen und das dauert lange.» Die Forschenden konnten dieses Problem nun lösen, indem sie die KI direkt in die Box an Bord des Fahrzeugs eingebaut und die Bilder live analysiert haben. So müssen nicht mehr alle Bilder gespeichert und anonymisiert werden. Zudem informiert der Computer nur noch darüber, ob ein Parkplatz frei ist oder nicht, wodurch die Datenübertragung effizienter wird. «Damit sind wir unserem Ziel, eine Live-Karte der Parkplatzsituation zu erstellen, ein Stück nähergekommen», freut sich Nebiker.
Derzeit wollen die Forschenden insbesondere die genaue Lokalisierung des BiPaMo-Systems verbessern. «Im städtischen Raum ist die Ortung durch GPS-Satelliten erschwert», berichtet Nebiker. «Wir dürfen für eine korrekte Zuordnung von Autos zu einzelnen Parkplätzen aber höchstens einen Meter Abweichung zulassen.» Wenn auch das geschafft ist, wollen die Forschenden die Box mit allen Sensoren und Kameras auf die Grösse einer Schuhschachtel verkleinern. So könnte sie ohne grossen Platzbedarf zum Beispiel auf Post-Elektrorollern montiert werden, die Gehsteige befahren dürfen und damit auch schwer zugängliche Bereiche kartieren können.
Das ideale Transportfahrzeug sind die Roller für Nebiker aber nicht: «Postfahrzeuge folgen einem festen Plan, sie sind also immer zur etwa gleichen Zeit am gleichen Ort. Besser für die Statistik wären Fahrzeuge, die keine festen Strecken haben, wie zum Beispiel die Lieferautos von Pizza- oder Paketdiensten.»
Unbegrenzte Möglichkeiten
BiPaMo ist nur ein mögliches Einsatzgebiet für Nebikers vielseitige KI. Mit ein bisschen Training könnte die KI auch andere Gegenstände wie zum Beispiel herumstehende Abfallsäcke finden. Zudem könnte sie einst Autokennzeichen erkennen und damit helfen, gestohlene Fahrzeuge aufzuspüren. «Wir haben diese Funktion wegen des Datenschutzes momentan ausgeschlossen», betont Nebiker, «aber mit ein paar Anpassungen sollte die KI auch diese Aufgabe lösen können». So könnte der Paketlieferdienst in Zukunft nicht nur Pakete ausliefern, sondern nebenher noch die Parkplatzsituation kartieren und vielleicht sogar bei der Verbrechensaufklärung behilflich sein.